Long Hair, don´t Care

Long Hair, don’t care? – Dreadheads und ihre Körperbehaarung

Menschen haben ihre ganz persönlichen Vorlieben, wenn es um die eigene Körperbehaarung geht. In den letzten Jahren konnte man beobachten, dass auch Männer dem Rasurwahn unterlagen: haben sonst vor allem Frauen die Achseln rasiert, trifft man heutzutage selten einen Mann, der seine Haare unter den Armen lang trägt. Bei Frauen ist die Rasur so ein Phänomen: manche finden Beinhaare okay, rasieren aber die Achseln, andere rasieren nur die Unterbeine, für wieder andere muss die gesamte Wolle ab. Ich frage mich, ob die Vorlieben bei Dreadheads und Noddys (haha..wie Muggle…verstehst du? Also, für nicht-Potter-Fans: shame on you! Muggle sind Menschen ohne magische Kräfte, im Gegensatz zu Hexen und Zauberern und anderen magischen Wesen) auch unterschiedlich sind. Sind Dreadheads generell lockerer, was Körperbehaarungen angeht? Und warum sieht man das eigentlich als „lockerer“ an, wenn jemand die Haare schön hat – auch unter den Armen, im Intimbereich und an den Beinen?

Da stutz mir doch einer den Busch! 

Wenn man Dreadlocks hat, wäscht man sich eher nicht jeden Tag die Haare. Natürlich müssen diejenigen unter uns, die teilweise offene Haare haben, öfter ran mit dem Shampoo, aber ein durchschnittlicher Dreadhead mit durchschnittlicher sportlichen Aktivität wäscht den Kopf einmal pro Woche. Sobald sich die Kopfhaut an diesen Rhythmus gewöhnt hat, kann er auch mal ausgedehnt werden, wenn man beispielsweise ständig Proben hat, in denen mit Mehl geworfen wird und man keinen Teig auf dem Kopf haben möchte.  Man kann also sagen, dass Filzträger entspannter mit dem Waschen sind. „Entspannter“ bei der restlichen Körperbehaarung klingt immer so, als sei alles andere stressig. Was es irgendwie auch ist. Nicht nur auf der Bühne müssen sichtbare, gesellschaftlich nicht anerkannte Haare rasiert sein, sondern es gehört irgendwie heutzutage auch ein wenig Mut dazu, als Frau einen flauschigen Busch unter den Achseln oder im Schritt zu tragen. Mich überkommt grad der Drang zu unterstreichen, dass es dabei nicht um Hygiene geht! Im Gegenteil: die menschliche Behaarung dient eigentlich der Hygiene, warum wird es also als ungepflegt angesehen, wenn jemand eine Wildschweinleggings trägt?

Pink Tax

Ja, auch du, mein Sohn Brutus musst dir mittlerweile die Achseln rasieren. Aber für dich ist es wenigstens günstig. Wenn Frauen zu Rasur- und Hygieneartikeln aus der rosa Abteilung, also der Damenabteilung greifen, müssen sie bis zu 200% mehr zahlen. 200! Das nennt sich Pink Tax. Das fand die Verbraucherzentrale 2015 heraus. Auch Kleidung, Spielwaren und genderspezifische Preisunterschiede bei Dienstleistungen sind üblich. Gut, dass das bei der Dreaderstellung anders ist! Es gibt auch keine Unterschiede in den Pflegeprodukten bei Dreadlocks. Dabei sind die Inhaltsstoffe identisch mit denen der männlichen Hygieneartikel, lediglich die Duftstoffe sind unterschiedlich. „BBQ“ für den Mann, „rosa Sommermorgen mit frisch gebackenen low-carb Muffins“ für die Frau. Warum ist das so? Warum kommen Hersteller damit durch? Gerd Meier, Professor für Wirtschaftspsychologie Lüneburg und Dirk Schulz von der Gender-Studies Universität Köln erklären es damit, dass Frauen, als „das schöne Geschlecht“, eher dazu bereit seien, höhere Preise zu zahlen, weil sie mehr Wert auf ihr Äußeres legen würden. Ich würde sagen: weil das Body-Shaming einfach ganz neue Züge angenommen hat und es ein Gefühl des Drucks, der Pflicht ist, sich jedes Haar ganz penibel zu entfernen, um bloß dem gesellschaftlichen Bild der glatten Haut zu entsprechen. Alles andere wirkt anstößig. 

Vom Yeti bis zum Nacktmolch

Sich zu rasieren, egal ob Frau oder Mann, sollte vor allem eine ganz persönliche Entscheidung sein, basierend darauf, wie man sich am wohlsten fühlt. Und das nicht, weil man keinen strengen Blicken ausgesetzt ist oder weil man grad auf der Balz ist und deswegen die Kaltwachsstreifen im Abo gekauft hat, sondern weil man sich einfach in der eigenen Haut zuhause fühlt. Ich persönlich rasiere mir zum Beispiel die Kopfseiten. Sehr unspektakulär, weil ich die Haare an den Ohren störend finde. Wenn ich grad eine Bühnenpause habe, bin ich froh, dem Rasurbrand des Todes unter den Achseln mal etwas Ruhe gönnen zu können und interessiere mich recht herzlich wenig für die Meinung anderer. Für viele gehört aber eine ausgiebige Rasur-Session zum Pflegeprogramm mit Spa und Wellness und einem Gurkenwasser danach. Ob du gern als Yeti oder Nacktmolch leben möchtest, oder beides, ganz der Saison oder deinem persönliche Faible entsprechend, ist also ganz und gar deine Sache.

Trotzdem bin ich neugierig as fuck und habe deswegen eine kleine Umfrage gestartet: haben Dreadheads ein anderes Verhältnis zur Körperbehaarung als Noddys? Es schien mir, dass vor allem Frauen einen gewissen Hang dazu haben, sich nur an bestimmten Körperstellen zu rasieren. Dabei war es wichtiger, dass der eigene Körper schön glatt ist, der vom Partner oder der Partnerin war da eher zweitrangig. Es drängte sich also auch hier die Frage auf: für wen rasiert man sich? Wirklich für einen selbst? Oder weil man sich wohler fühlt, weil man als attraktiver eingestuft wird?

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